Die Rote Vogelmilbe - auch in diesem Jahr eine Plage im Geflügelstall?
Rote Vogelmilben werden auch Blutmilben genannt. Sie sind ca. ½ bis 1 mm groß und rot, wenn sie Blut gesaugt haben. Ansonsten sind sie kleiner und grau, kaum zu sehen, man spürt sie aber auf der Haut und in den Haaren krabbeln. Sie befallen auch den Menschen, an den Saugwunden entstehen große, stark juckende Pusteln.
Beim Geflügel verursachen sie je nach Stärke des Befalls: Beunruhigung, starkes Kratzen und Picken, Verhaltensänderungen, Leistungseinbußen, Schwächung mit erhöhter Krankheitsanfälligkeit oder auch Tod durch den ständigen Blutverlust.
Rote Vogelmilben sind wahre Überlebenskünstler, das macht ihre Bekämpfung so schwierig. Sie können bei jeder Geflügelart und in allen Haltungssystemen auftreten, aber dort, wo es warme Verstecke wie Ritzen im Holz, Isoliermaterial, Innenwände, lockere Dachpappe u. ä. gibt sind sie in Massen. Milben gehen nur zum Blutsaugen an das Geflügel und zwar bei Nacht, wenn sie ihre ruhenden Wirte gut erreichen. Danach ziehen sie sich zur Verdauung in ihr Quartier zurück.
Eine weibliche Milbe kann bis zu 50 Eier in zwei Monaten legen. Die Entwicklung der Milbe aus dem Ei über Larvenstadien zur erwachsenen Milbe verläuft Abhängigkeit von der Temperatur unterschiedlich schnell. Im Temperaturbereich von 10 bis 35° C dauert dieser Entwicklungszyklus 12 oder nur 1 ½ Tage. Unter 9° C findet keine Larvenentwicklung mehr statt und die geschlechtsreife Milbe fällt in eine Kältestarre. So kann bei Temperaturen von -25° C 1 ½ Jahre überleben ohne Blut zu saugen. Die Milbeneier bleiben vermutlich noch länger entwicklungsfähig. Den Milbenbefall kann man dann nicht mehr feststellen, aber die Untermieter sind nach wie vor da.
Vermeiden
Bekämpfungsmaßnamen wirken nur, wenn man die Milben erreichen kann. Deshalb gilt es beim Bau und der Einrichtung eines Stalles die Zahl der Verstecke zu minimieren: glatte Oberflächen, massive Wände, kein Holz im Innenbereich, keine T-Profile bei Rosten und Rostauflagen, keine Holznester aber gut herausnehmbare Nestmatten, kein Kantenschutz aus Kunststoff,..... .
Reduzieren
Eine Stalltemperatur von 20° C ist im Legehennenstall optimal, was die Futterverwertung angeht. Auch für die Milbenentwicklung ist diese Temperatur als optimal anzusehen - der Entwicklungszyklus vom Ei zur erwachsenen Milbe dauert dann ca. 7 Tage. Durch stärkeres Lüften kann die Stalltemperatur unter 20°C gesenkt werden, sofern die Außentemperatur dies zulässt. Das ist im Sommer u.U. nur bei Nacht möglich und setzt eine optimal Luftführung ohne Zuglufteffekt voraus. Wenn es gelingt, die Stalltemperatur im Sommer zu senken dann hat dies einen weiteren positiven Effekt auf die Eischalenqualität, dadurch dass genügend Futter gefressen wird und ausreichen Kalk zur Schalenbildung zur Verfügung steht. Die mit dem geringeren Tierbesatz in alternativen Haltungen einher gehende niedrigere Stalltemperatur in der kälteren Jahreszeit erhöht den Futterverzehr, hemmt jedoch die Milbenentwicklung. In Käfigställen ohne jahreszeitlicher Temperaturschwankung sind Milben auch im Winter ein Problem!
Bekämpfen
Jegliche Bekämpfungsmaßnahme muss am Ende des Lichttages durchgeführt werden um größtmöglichsten Erfolg zu haben. Wer blaues Licht im Stall hat, kann die Maßnahme auch bei Nacht, zu der Zeit wenn die Milben auf dem Weg zu ihren Wirten sind, durchführen.
Vor mit der Bekämpfung begonnen wird muss ihre Anzahl reduziert und angreifbar gemacht werden. Zunächst müssen alle erreichbaren Milbennester mit einer Spachtel entfernt werden, denn wenn die Krabbeltiere in Haufen aufeinander sitzen werden nur die oberen Milben abgetötet.
Das abgekratzte Material gibt man in eine Papiertüte, die man im Anschluss sofort verbrennen muss, um die Milben tatsächlich zu vernichten.
Für die Bekämpfung der Blutmilben gibt es eine Anzahl chemischer Präparate mit unterschiedlichen Wirkstoffen und Anwendungsbereichen.
Desinfektionsmittel wirken nicht gegen Milben!
Zugelassene milbenwirksame chemische Präparate können ausschließlich gegen die erwachsene Milbe, wie auch gegen die Blutmilbe plus ihre Eier wirken. Unabhängig vom Wirkungsspektrum machen jedoch immer die „Schlupfwinkel" Probleme.
Mittel für die Anwendung im leeren Stall erreichen ihr Objekt nicht. Deshalb muss der gereinigte Stall aufgeheizt werden. Nur dann kommen die Milben raus und können bekämpft werden. Wenn der Stall aufgeheizt bleibt (bei 20° C eine Woche) entwickeln sich aus den Milbeneiern die erwachsenen Milben, diese kommen aus den Verstecken und müssen dann mittels erneuter Anwendung der chemischen Keule abgetötet werden, bevor sie erneut Eier legen können.
Für die Anwendung im belegten Stall gibt es ebenfalls chemische Mittel, diese dürfen aber auf keinen Fall am Tier angewendet werden und auch nicht auf die Hühnereier gelangen. Der Anwendungszeitpunkt (Ende Lichttag / Nacht) hat im belegten Stall erhebliche Bedeutung was den Erfolg der Behandlung angeht.
Große Beachtung muss dem Beipackzettel es jeweiligen Präparates gewidmet werden. Aufwandsmenge und Konzentration müssen stimmen und auf keinen Fall darf auf nasse Oberflächen gesprüht werden, weil dies zu einer Verdünnung des Mittels mit Wirkungsverlust und Resistenzgefahr führt.
Bei der Anwendung aller Präparate chemischen Ursprungs muss eine Maske und Schutzkleidung getragen werden!
Insektenpuder, Bademittel und Ungezieferspray die für Haustiere und andere landwirtschaftliche Nutztiere zugelassen sind dürfen auf keinen Fall bei Geflügel verwendet werden!
Durch den von der Bekämpfungsstrategie her geforderten häufigen Einsatz chemischer Präparate können Resistenzen auftreten. Deshalb sollten von Beginn an mehrere Mittel - mit unterschiedlichen Wirkstoffen - im Wechsel angewendet werden.
Seit ein paar Jahren werden Silikatstäube zur Milbenbekämpfung angeboten. Diese wirken biophysikalisch, d.h. sie zerstören den Wachspanzer der Milben und die ungeschützten Gelenke, Körperflüssigkeit tritt aus und die Milbe trocknet aus. Das Pulver wird im Stall, jedoch nicht am Tier angewendet. Es kann mittels Zerstäuber ausgebracht oder mit dem Zuluftstrom im Stall verteilt werden. Es birgt nicht die Gefahr von Rückständen, hat keine Wartezeit und es kommt auch nicht zu Resistenzbildung.
Das Einmischen des Silikatstaubes in das Sandbad bringt nicht den erwünschten durchschlagenden Erfolg, da die Milben bei Tag nicht am Huhn sitzen. Zu einer geringen Reduzierung kann diese Maßnahme beitragen.
Silikatstäube wirken nur, wenn sie die Milben tatsächlich erreichen und auch nur an den erwachsenen Milben. Sie erhöhen den Staubgehalt der Luft und trocknen auch die Schleimhäute des Geflügels und des Betreuungspersonals aus. Bei der Anwendung muss auf jeden Fall eine Feinstaubmaske getragen werden!
Silikatstäube sind relativ teuer. Um die Kosten der Milbenbekämpfung zu senken und weil keine Resistenz ausgebildet wird eigenen sie sich für den oben angeführten Mittelwechsel (Kombination chemisch / biophysikalisch).
Eine weitere Bekämpfung erwachsener Milben ist mit Speiseöl möglich. Das Öl wird dann mittels Pinsel oder Bürste auf die Milbenverstecke dick aufgetragen damit es tief eindringen kann. Es verklebt die Atemöffnungen der Milben und diese sterben ab.
Auf keinen Fall darf Altöl, Diesel oder Karbolineum verwendet werden!
Ob biophysikalisch und / oder chemisch, wichtig ist die Wiederholung der Anwendung in einem, von der Temperatur abhängigen Zyklus.
Schöllhammer 02.05.2003